Der alte Mann, der den Mond kannte.

Es gab einmal einen alten Mann,
der wusste, wann der Mond traurig war.
Er konnte es sehen –
nicht mit den Augen,
sondern mit dem Herzen.
Wenn der Mond sich hinter den Wolken versteckte,
sagte er nicht: „Es ist bewölkt.“
Er sagte: „Der Mond hat heute nichts zu sagen.“
Und wenn der Mond voll war und glänzte,
als hätte er etwas zu erzählen,
flüsterte der Mann: „Jemand da oben will gehört werden.“
Die Leute im Dorf hielten ihn für einen Spinner.
„Der redet mit dem Himmel!“
„Der hat zu viel Zeit.“
„Was soll der Mond schon fühlen?“
Doch der Mann sprach nie zurück.
Er hörte lieber dem Wind zu.
Und dem leisen Knistern der Dunkelheit.
Denn nachts, wenn alle schliefen,
ging er auf das alte Dach seines Hauses.
Dort setzte er sich still hin,
legte die Hände in den Schoß
und blickte nach oben.
Manchmal,
wirklich nur manchmal,
sah man ihn lächeln.
Ganz sanft.
Wie einer, der eine Geschichte hört,
die nur für ihn bestimmt war.
Und an besonders stillen Nächten
flüsterte er: „Ich höre dich, alter Freund.“
Eines Abends blieb sein Fenster dunkel.
Der Dachstuhl leer.
Der Stuhl unbesetzt.
Doch der Mond –
der war heller als je zuvor.
Man sagt,
er leuchtet heute für zwei.
Für sich selbst.
Und für den Mann,
der ihn wirklich kannte.
Manche Menschen verstehen den Mond.
Nicht, weil sie ihn erforschen –
sondern weil sie ihn fühlen.
– TRAUMSEGLER